Menschenhandel im Zeichen von Corona

 
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Am 14. Und 15. Oktober fand die jährliche Konferenz der Task Force zur Bekämpfung des Menschenhandels statt. Dieses Jahr unter dem Titel „Menschenhandel im Zeichen von Corona“. Der Anlass dafür ist der EU-Tag gegen Menschenhandel, der auf den 18. Oktober fällt. Ich habe für lightup an der Konferenz teilgenommen, die Aufgrund der Corona-Maßnahmen online abgehalten wurde.

Kinderhandel und andere Formen des Menschenhandels
Am ersten Tag gab es Begrüßungsreden, eine Keynote Speech und eine darauf folgende Diskussionsrunde. Die Sprecher und Sprecherinnen habe ich euch am Ende des Blogs aufgelistet, falls ihr euch näher für die Experten und Expertinnen interessiert. 

Am nächsten Vormittag fanden dann parallel 4 Workshops statt. Alle hatten die Auswirkungen der Corona-Krise auf den Menschenhandel als Grundthematik. Genauer wurden die Polizeiliche Arbeit, die Aufdeckung von Kinderhandel, Arbeitsbedingungen in der Ernte und der Schutz vulnerabler (= leichter verletzbare)  Personen jeweils in getrennten Zoom-meetings behandelt. Zu Mittag wurden dann die Workshops zusammengefasst und es gab noch ein paar Abschlussworte von Petra Schneebauer. 

Missstände in der Landwirtschaft 
Besonders eindrucksvoll war die Keynote Speech von Jonas Seufert: „Sie behandeln uns wie Tiere – Wie die Corona-Krise Arbeitsausbeutung verschärft“. Er sprach über die aufgedeckte Arbeitsausbeutung am größten Schlachthof Europas und auch über Missstände in der Landwirtschaft, vor allem in der Ernte. Das Problem ist im Grude genommen, dass Menschen zwar legal angestellt werden, aber durch ihre Verträge komplett abhängig von ihren Arbeitgebern sind. Im Beispiel von diesem Schlachthof bekamen die Angestellten zwar laut Vertrag den Mindestlohn bezahlt, allerdings wurde von ihrem Lohn sofort einiges abgezogen. Zum Beispiel für Miete, für Wohnungen die vom Unternehmen zur Verfügung gestellt werden, Internet- und Telefongebühren und Strafen für Tage, an denen sie nicht gearbeitet hatten. In der Ernte kommt noch hinzu, dass Arbeiter*innen manchmal erst kurz vor ihrer Abreise ihren Lohn ausgezahlt bekommen und dann nicht die Zeit haben zu widersprechen, wenn ihnen weniger als versprochen gegeben wird. Zusätzlich zu schlechten Arbeits- und Wohnbedingungen, hat vor allem die Corona-Krise diese vulnerablen Menschen weiter von ihrer Umwelt und ihren Angehörigen isoliert. 

Ausbeutung von Au-Pairs in Österreich
Im Workshop „Menschenhandel und Ausbeutung in der Corona-Krise: “Wo fehlender Schutz besonders verletzbar macht“ wurde auch über Frauen, die als Au-Pairs arbeiten, gesprochen. Sie kommen völlig legal mit Arbeitsverträgen nach Österreich. Allerdings erwartet sie hier nicht immer, was ihnen versprochen wurde. Denn oft müssen sie zusätzlich häusliche Arbeit verrichten. Sie wohnen auch bei den Familien, die sie anstellen. Dadurch sind sie abhängig von ihrer Anstellung und isoliert von der Außenwelt. In der Corona-Krise kam dazu, dass sich Familien die Anstellung eines Au-Pairs nicht mehr leisten konnten. Die Frauen verloren also ihre Arbeit und wurden noch am gleichen Tag obdachlos. Dort sind sie dann extrem vulnerabel und können sehr leicht Opfer von weiterer Ausbeutung oder sogar Menschenhandel werden.

Zusammenfassend kann man sagen, dass die Corona-Krise in vielen Bereichen Ausbeutung und das Risiko für Ausbeutung verschärft hat. Aber auch den Scheinwerfer öffentlicher Aufmerksamkeit auf diesen Bereich gerichtet hat und so einige Fälle von Menschenhandel und Ausbeutung in dieser Zeit aufgedeckt wurde. Vor allem was Ausbeutung in der Landwirtschaft betrifft müssen wir als Konsumenten uns die Frage stellen: Sind wir bereit Ausbeutung zu zulassen damit wir ein bequemeres Leben haben können?

Eure Anna
(Wenn ihr Fragen zu der Konferenz habt, könnt ihr mir gerne an info@lightup-movement schreiben)


ExpertInnen, die bei der Konferenz gesprochen haben:

Petra Schneebauer (Nationale Koordinatorin zur Bekämpfung des Menschenhandels; Vorsitzende der Task Force) 

Peter Launsky-Tieffenthal (Generalsekretär des Bundesministeriums für europäische und internationale Angelegenheiten) 

Olivier Onidi (EU-Anti-Trafficking Coordinator)

Keynote Speech von Jonas Seufert (Investiativjournalist im Bereich Arbeitsausbeutung in der Landwirtschaft) 


TeilnehmerInnen der Podiumsdiskussion waren:

Melita Sunjic (tellingtherealstory.org) 

Pawel Szalus (International Recritment Integrity System-IRIS)

Evely Probst (LEFÖ-Interventionstelle für Betroffene von Frauenhandel) 

Julia Planitzer (Ludwig-Boltzmann-Institut für Menschenrechte)

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