Die psychischen Folgen der Prostitution

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Jedes Thema kann von verschiedenen Blickwinkeln betrachtet werden, jeder/jede geht anders an ein Thema heran. Als Psychologiestudentin stelle ich mir immer die Frage, was die psychischen Hintergründe oder Auswirkungen von Situationen sind. Ich habe schon einiges über die psychischen Folgen für Frauen in der Prostitution gehört, alles von „die wollen das, denen geht es gut“ zu schwersten psychologischen Folgen, wie Persönlichkeitsstörungen und schwersten Depressionen. Also wollte ich mir selber ein Bild machen.

Eine schnelle Suche nach wissenschafltichen Artikeln war leider etwas enttäuschend. Mir fiel auf, dass viele Studien, die sich konkret auf die psychische Gesundheit von Prostituierten konzentrierten, aus China, Hong Kong oder Indien stammten. Studien aus westlichen Ländern hatten einen größeren Fokus auf die physische Gesundheit, vor allem HIV (siehe auch Farley & Kelly, 2000). Mein Interesse liegt vor allem auf Europa, also habe ich mir keine der asiatischen genauer angeschaut.

Welche Ergebnisse habe ich jetzt eigentlich gefunden? Frauen in Prostitution haben eine höhere Prävalenz von Depression und Posttraumatischer Belastungsstörung. Es gibt Faktoren, die dieses Risiko erhöhen, allen voran erlebte Gewalt, aber auch das Umfeld, in dem sie arbeiten, und Substanzabhängigkeit, um nur ein paar zu nennen. Ob ein höheres Risiko für andere psychologische Störungen, wie zum Beispiel Persönlichkeitsstörungen besteht, wurde in den Studien, die ich mir angeschaut habe, nicht behandelt. Ich müsste nochmal spezifisch nach Studien suchen. Wohlmöglich ein Thema für einen weiteren Blog.

Vielleicht von größerer Bedeutung, als das erhöhte Risiko an sich, ist der erschwerte Zugang zu Unterstützung und Gesundheitsversorgung. Gerade die vulnerablen Frauen, die vielleicht illegal eingewandert oder finanziell abhängig sind, diese Versorgung also am dringendsten brauchen, können sie kaum in Anspruch nehmen.

Frauen in der Prostitution zu untersuchen ist kein leichtes Unterfangen. Studien haben oft recht kleine und deshalb nicht-repräsentative Stichproben, weil es nicht immer leicht ist Frauen für Befragungen zu erreichen. Den Frauen, denen es am schlechtesten geht, sind möglicherweise auch am schwersten zu befragen. Ein weiteres Bedenken ist auch, wie ehrlich die Antworten sind. Nicht aus Absicht, aber weil Selbstreflexion leicht verzerrbar ist. Nur wissenschaftliche Studien und Berichte allein zu lesen reicht auch nicht aus. Das Thema Prostitution rein wissenschaftlich zu betrachten ist auch nicht sinnvoll. Vielmehr muss man auch Lebensgeschichten und Berichte von den Frauen selber lesen. Ihre Stimmen haben es verdient gehört zu werden.

Selber stelle ich mir auch immer die Fragen: Wer hat diese Studie geschrieben und welche Absicht steht dahinter? Ist das Ziel Gesundheitsversorgung und Legislation zu informieren? Welche Vorannahmen und Einstellungen haben die Autoren? Solche Fragen sollte man immer im Hinterkopf behalten, wenn man Literatur aller Art liest.

Meine Suche ist bei weitem noch nicht zu Ende. Ich will tiefer graben und auch Berichte von NGOs und Frauen in der Prostitution lesen. In Zukunft hoffe ich euch auch mehr über dieses Thema zu berichten.

Quelle:

Chudakov, B., Ilan, K., Belmaker, R. H., & Cwikel, J. (kein Datum). The Motivation and Mental Health of Sex Workers. Journal of Sex & Marital Therapy, 28(4), 305-315. doi:10.1080/00926230290001439

Farley, M., & Kelly, V. (2000). Prostitution: a critical review of the medical and social sciences literature. Women & Criminal Justice, 11(4), 29-64. Von https://www.prostitutionresearch.com/Farley_Kelly%20Prostitution_A%20Critical%20Review%20of%20the%20Medical%20and%20Social%20Sciences%20Literature.pdf abgerufen

Krumrei-Mancuso, E. J. (2017). Sex Work and Mental Health: A Study of Women in the Netherlands. Archives of Sexual Behavior, 46, 1843-1856. Von https://link-springer-com.uaccess.univie.ac.at/article/10.1007/s10508-016-0785-4 abgerufen

Rössler, W., Koch, U., Lauber, C., Hass, A.-K., Altwegg, M., Ajdacic-Gross, V., & Landolt, K. (2010). The mental health of female sex workers. Acta Psychiatrica Scandinavica, 122, 143-152. doi:10.1111/j.1600-0447.2009.01533.x

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